Liquidität ist für Unternehmen das Nonplusultra – gerade in der Pandemie. Finanzierungsalternativen zum klassischen Kredit können da eine interessante Option sein, wie Stephan Ninow, Geschäftsführer von abcfinance, im Interview erläutert.
Wie ist es aktuell um die Liquidität im deutschen Mittelstand bestellt?
Bei genauer Betrachtung ergibt sich da ein sehr heterogenes Bild. Auf der einen Seite sind da Unternehmen, die bisher sehr gut durch die Pandemie gekommen sind, etwa Firmen aus dem Lebensmitteleinzelhandel, der Logistik oder der Onlinehandel. Auf der anderen Seite sieht man weitaus mehr Firmen, die stark gelitten haben, zum Beispiel die Gastronomie, Hotellerie oder gar die Veranstaltungsbranche – und mit ihnen zahlreiche Zulieferer. Bei diesen Firmen ist eine deutliche Unterliquidität festzustellen.
Wenn das Gros des Mittelstands coronabedingt von seinen finanziellen Reserven zehrt: Welche Möglichkeiten sehen Sie für Unternehmen, mehr Liquidität zu generieren, damit sie für ein Anziehen der Konjunktur nach der Pandemie gerüstet sind?
Grundsätzlich sollten sich Unternehmen unabhängiger von ihrer Hausbank machen und sich finanziell breiter aufstellen. Es gibt inzwischen zahlreiche smarte Finanzierungsformen, die die Liquidität abseits von Bankenkrediten schonen. Es war immer ein guter Rat, sich nicht zu sehr auf eine Liquiditätsquelle zu verlassen. Daher kann ich nur jedem Mittelständler empfehlen, auch die seit Jahren bewährten Instrumente wie Leasing, Absatzfinanzierung und Factoring als ideale Liquiditätsvorsorge zu nutzen.
Wie können die geplanten und notwendigen Investitionen besonders liquiditätsschonend gestaltet werden?
Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Liquidität vor allem dann geschont wird, wenn die Finanzierung zur Art des Vorhabens passt. Das ist bei einer Bank selten gegeben, denn diese finanziert Vorhaben – etwas überspitzt gesagt – in erster Linie nach dem Vorhandensein von Sicherheiten. Wer allerdings auf einen Assetfinanzierer setzt, der in Bezug auf das zu finanzierende Gut auch entsprechendes Know-how mitbringt und die Finanzierung dem Zweck anpasst, ist in aller Regel besser dran. Zudem bestehen bei diesen Finanzierungspartnern weitaus mehr Möglichkeiten, flexibler zu agieren. Beispielsweise lassen sich die Raten eines Leasingvertrags verbrauchsabhängig oder am erwarteten Return-On-Investment gestalten. Das heißt etwa, dass für eine Maschine, die im Sommer auf Hochtouren läuft, eine höhere Rate fällig wird, als im Winter, wenn sie weniger im Einsatz ist. Das alles wirkt sich sehr positiv auf Liquidität und Flexibilität aus.
Es gibt inzwischen zahlreiche Finanzierungsalternativen. Sie setzen vor allem auf Leasing, Absatzfinanzierung und Factoring. Wie wirkt sich welche Finanzierungsform auf die Liquidität aus?
Leasing ist seit vielen Jahren eine äußerst arrivierte Finanzierungsvariante in der deutschen Wirtschaft. Im Hinblick auf die Liquidität ist natürlich in erster Linie zu nennen, dass die Investition in kleinen Raten statt zum großen Kaufpreis zu stemmen ist. Zudem wirkt sich diese Finanzierungsform positiv auf die Bilanz aus. Wir als Finanzierer erwerben das Objekt für den Kunden und bilanzieren es folglich auch. Der Leasingnehmer nutzt dieses Objekt nur, die Raten sind also eine Art „Miete“. Da er das Objekt im Anlagevermögen nicht aktiviert, bleibt die Eigenkapitalquote unverändert, was gut fürs Rating ist. Darüber hinaus können noch zahlreiche Services wie Wartung und Reparatur in einen Leasingvertrag mit aufgenommen werden. Das entlastet im Tagesgeschäft ungemein. Nicht zuletzt ist auch die steuerliche Optimierung zu nennen, da man Leasingraten in der Regel als Betriebsausgaben absetzen kann.
Bei der Absatzfinanzierung handelt es sich um eine Sonderform von Leasing. Als Leasinggesellschaft finanzieren wir den Anschaffungspreis einer Ware oder einer Dienstleistung, die ein Kunde bei unserem Kunden, also einem Händler oder Hersteller, erwirbt. Der Endkunde zahlt dann die Leasingraten direkt an uns. Das verkaufende Unternehmen erhält von uns sofort den kompletten Kaufpreis und muss keine Zahlungsziele abwarten. Auch hier ist es in Absprache mit abcfinance möglich, dem Kunden zusätzliche Services zum Vertrag mitanzubieten. So lässt sich mit diesem Instrument in der Regel nicht nur die Liquidität schonen, sondern gleichzeitig auch mehr Zusatzgeschäft generieren.
Factoring zeichnet sich dadurch aus, dass Liquidität durch mehr Wachstum – just-in-time – generiert wird. Da geht es um Geld, das ein Unternehmen bereits verdient hat, jedoch der Zahlungseingang mitunter noch auf sich warten lässt. Das Unternehmen ist also in diesem Fall kein Bittsteller. Bei dieser Finanzierungsmethode überträgt ein Unternehmen offenstehende Forderungen gegenüber Kunden vor deren Fälligkeit an einen Finanzdienstleister, der den Firmen anschließend den Kaufpreis nach einer kurzen Prüfung auszahlt. Für das Unternehmen heißt das, sich nicht in ein zusätzliches Risiko begeben zu müssen und stattdessen einen 100-prozentigen Ausfallschutz zu haben. Für diese Sicherheit und sofortige Liquidität ohne Wartezeit zahlt das Unternehmen eine niedrige Factoring-Gebühr, die oftmals unterhalb eines Kundenskontos liegt.
Die Zahlungsmoral hat sich während der Corona-Pandemie drastisch verschlechtert. Speziell Factoring wäre doch eine passende Antwort, wird aber von mittelständischen Firmen wenig genutzt. Woran liegt das?
Ein Einwand, der reflexartig hervorgebracht wird, ist: „Ich möchte nicht, dass Kunden bei Verzug sofort von einem für sie fremden Unternehmen gemahnt werden.“ An diesem Vorurteil ist nichts dran, weil wir zum Beispiel jede Mahnung ausschließlich in Absprache mit unseren Kunden verschicken. Der Unternehmer bleibt also immer Herr der Lage. Ein weiterer Einwand ist, dass Factoring sehr teuer und nur etwas für große Unternehmen sei. Das ist ebenfalls nicht richtig, weil es auch Lösungen für kleine und mittlere Unternehmen gibt, denen ganz klare Einsparpotenziale entgegenstehen: Sofortige Nutzung von Skonti und Rabatten im Einkauf durch verfügbare Liquidität, gesenkte Kosten für die Nutzung von Kreditlinien und geringerer Aufwand im Debitorenmanagement sind da nur einige Beispiele.
Was sollten Unternehmerinnen und Unternehmer bei der Auswahl des passenden Finanzierungspartners beachten?
In der Regel zahlt es sich für Unternehmen aus, wenn die Anbieter unter anderem banken- und herstellerunabhängig arbeiten, Branchenkenntnis und Mittelstandserfahrung mitbringen, einen gesicherten Refinanzierungshintergrund vorweisen können und die Firmen einen festen Ansprechpartner erhalten. Wenn man diese Punkte berücksichtigt, ist man gut beraten.