Heute reicht Theresa May, die britische Premierministerin, den Antrag auf Austritt aus der Europäischen Union ein. Um die Mittagszeit übergab der britische Gesandte Sir Tim Barrow den Brief an den Präsidenten des Europäischen Rates Donald Tusk in Brüssel. Jetzt geht es vor allem um eines: ums Geld.
Was der Brexit für den Mittelstand bedeutet
Es wird ernst: Der zweitgrößte Nettozahler der EU verlässt die Gemeinschaft. Trotz vieler Sonderregelungen, die von den britischen Regierungen über Jahre hinweg errungen wurden. Nun ist zu bedenken, dass aus London jährlich eine beträchtliche Summe nach Brüssel floss. In 2015 waren es 11,5 Mrd. Euro. Nur die Bundesrepublik zahlt jährlich mehr ein (2015: 14,3 Mrd. Euro). Mit dem heutigen Austrittsantrag beginnt das zähe Verhandeln über große Summen und kleinste Regelungen.
Welche Auswirkungen hat der Brexit auf die deutsche Wirtschaft?
Großbritannien ist vor allem Importeur deutscher Waren: 2015 wurden laut Angaben des Statistischen Bundesamts Waren aus Deutschland im Wert von rund 89 Mrd. Euro eingeführt. Dabei handelte es sich im Wesentlichen um Kraftwagen und Kraftwagenteile, Maschinen, Pharmazeutische Erzeugnisse und Datenverarbeitungsgeräte. Dementgegen standen ähnliche Warengruppen im Wert von insgesamt 38 Mrd. Euro, die von der britischen Insel nach Deutschland kamen.
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) erklärte gestern laut FAZ: „Der Brexit wird den Geschäften deutscher Unternehmen mit dem Vereinigten Königreich erheblich schaden“. Nach einer Umfrage des DIHK werde es bei den Investitionen langfristig eine starke Abschwächung der bisherigen positiven Entwicklung geben. Fast jedes zehnte Unternehmen plane demnach bereits heute Investitionsrückverlagerungen in die abgespeckte EU und etwa die Hälfte dieser Firmen wollen von nun an in Deutschland investieren.
Dabei ist vieles von dem, was auf den deutschen Mittelstand zukommen wird noch gar nicht klar. Pessimisten befürchten einen weiteren Exportrückgang durch neue Zölle und einen dauerhaft abgeschwächten Kurs des britischen Pfunds und damit eine geringere Nachfrage aus Großbritannien. Andere wiederum sehen für die EU und vor allem auch Chancen: Neben einer heilsamen Konzentration auf Kontinentaleuropa ohne Mitglieder mit weitreichender Sonderstellung sehen manche Beobachter vor allem mögliche Vorteile in einer Neuverteilung der Karten bei wirtschaftlichen Partnerschaften. So könnte letztlich die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit den USA sogar aufgewertet werden, wenn die britische Wirtschaft für die amerikanischen Unternehmen unattraktiver würde.